Veranstaltung: | BDKJ-Hauptversammlung 2025 |
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Antragsteller*in: | BDKJ DVs Aachen, Essen, Köln, Münster, Paderborn (dort beschlossen am: 24.03.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 24.03.2025, 09:29 |
A12: Kommunale Jugendpolitik als Baustein jugendverbandlicher Zukunft
Antragstext
Die Jugend- und Diözesanverbände stellen fest: Kommunale Jugendpolitik hat eine
zentrale Bedeutung für die Mitbestimmung und Interessenvertretung junger
Menschen. Sie hat eine hohe Relevanz für die Jugendverbandsarbeit. Zum einen
werden dort die Förderbedingungen für die Arbeit der Verbandsgruppierungen vor
Ort verhandelt, zum anderen werden dort Entscheidungen getroffen, die die
Lebenswelt junger Menschen sehr direkt betreffen. Auch ist eine starke Präsenz
auf kommunaler Ebene eine Voraussetzung für wirksame Interessenvertretung der
Jugendverbände auf Landes- und Bundesebene. Ohne eine Verankerung vor Ort fehlt
die notwendige Basis, um jugendpolitische Forderungen auf den anderen föderalen
Ebenen glaubwürdig und durchsetzungsfähig zu vertreten.
Die Jugend- und Diözesanverbände verpflichten sich, die Vertretung der
Jugendverbände und des BDKJ in den jugendpolitischen Strukturen auf kommunaler
Ebene stärker zu unterstützen und in den Jugendverbänden des BDKJ gezielt
auszubauen. Ziel ist es, in die Fläche der Jugendverbände des BDKJ Wissen und
Sensibilität um die Bedeutung und Funktionsweisen kommunaler Jugendpolitik zu
bringen. Dies kann beispielsweise beinhalten:
Der BDKJ-Bundesvorstand wird die Bedeutung der kommunalen Jugendpolitik stärker
in seinen verbandlichen Positionierungen und Programmen verankern und dieses
Thema in seinen politischen Forderungen gegenüber Kirche, Staat und Gesellschaft
sowie in seiner Arbeit dem DBJR gegenüber sichtbar machen. Außerdem prüft der
Bundesvorstand, inwiefern JHD Bildung den beschriebenen Prozess unterstützen
kann.
Begründung
Als Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse sind die Jugend- und Diözesanverbände des BDKJ Teil der staatlichen Jugendhilfe nach §12 SGB VIII. Als freie Träger der Jugendhilfe übernehmen wir die gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe des Staates, jungen Menschen Räume der Selbstorganisation zu bieten. Als einzige gesetzlich legitimierte Organisationen vertreten wir die Interessen von jungen Menschen. Aus diesem Grund haben Jugendverbände eine Reihe von einzigartigen Beteiligungsmöglichkeiten wie z.B. die bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung der stimmberechtigten Mitglieder der Jugendhilfeausschüsse. Außerdem erhalten Jugendverbände aufgrund dieser Verfasstheit öffentliche Fördermittel. Dabei haben die Kommunen die vorrangige Pflicht, die Förderung der Jugendverbandsarbeit sicherzustellen. Mittel aus der Kinder- und Jugendplan des Bundes beispielsweise dürfen nicht bis auf Ortsebene weitergeleitet werden.
Diese Privilegien stehen uns zu. Sie sind richtig und sinnvoll. Darum müssen wir lautstark für sie eintreten. Gleichzeitig müssen wir sie mit Leben füllen und nutzen, um Gesellschaft mitzugestalten – denn angesichts knapper Gelder an allen Orten und auf allen Ebenen müssen wir davon ausgehen, dass diese Privilegien nicht länger selbstverständlich sind.
Die kommunale Ebene ist die unmittelbare Lebenswelt junger Menschen und bietet gleichzeitig den ersten Raum politischer Partizipation. Jugendverbände des BDKJ sind in vielen Städten und Gemeinden bereits engagierte Akteur*innen in Jugendringen und anderen Beteiligungsstrukturen. In den letzten Jahren verzeichnen wir allerdings einen starken Rückgang dieses Engagements. Die Anzahl der Mitglieder in kommunalen Jugendhilfeausschüssen in NRW, die für einen Jugendverband des BDKJ dort sitzen, hat sich in den letzten Jahren beispielsweise drastisch reduziert. Die Mittlere Ebene in vielen Jugendverbänden ist in Auflösung begriffen, viele Ämter bleiben unbesetzt. Das ist nachvollziehbar. Oft passt die mittlere Ebene nicht mehr zur Struktur der verbandlichen Arbeit, und das Engagement in Kreisen und Kommunen ist nicht immer besonders ehrenamtsfreundlich und attraktiv.
Dennoch hat die kommunale Ebene eine dreifache Bedeutung für die Jugendverbände: Erstens werden hier wesentliche Rahmenbedingungen für ihre Arbeit – insbesondere in der Förderung und Anerkennung – verhandelt. Zweitens werden hier Entscheidungen getroffen, die junge Menschen in ihrer Lebenswelt direkt betreffen. Drittens ist eine starke lokale Präsenz von jungen Engagierten eine entscheidende Voraussetzung für eine wirksame Interessenvertretung der Jugendverbände auf Landes- und Bundesebene.
Eine weitere Bedeutung kommt der jugendpolitischen Arbeit auf örtlicher Ebene durch das Erstarken der extremen Rechten zu. Wir stellen im Kontext verschiedener Wahlen und damit verbundener Aktivitäten der Jugendverbände die Angriffe auf freie Träger der Jugendhilfe im Allgemeinen und Jugendverbände im besonderen von Seiten der extremen Rechten zunehmen. Gerade die Jugendverbandsarbeit, die ihrem gesetzlichen Auftrag nach in ihrem Wesen selbstorganisiert ist und damit niemals vom Staat kontrolliert werden kann stellt sicher, dass in Zukunft das Zustandekommen einer erneuten Staatsjugend nicht möglich ist. Das Wissen um die eigenen Rechte, Pflichte und Verfasstheit als Teil der staatlichen Jugendhilfe und die personelle Stärke, mit solchen Angriffen umzugehen ist eine enorm wichtige Voraussetzung, um die örtliche Arbeit der Jugendverbände sicherzustellen und damit die freiheitlich demokratische Grundordnung zu schhützen.
Mit diesem Antrag soll der BDKJ seine jugendpolitische Arbeit gezielt stärken, seine Mitgliedsverbände in der kommunalen Interessenvertretung unterstützen und damit einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung junger Menschen leisten. Die Förderung kommunaler Jugendpolitik ist nicht nur ein Beitrag zur Demokratiebildung, sondern auch ein essenzieller Bestandteil der verbandlichen Mitgestaltung der Gesellschaft im Sinne der katholischen Soziallehre.
Dies kann nur gelingen, wenn sowohl die BDKJ-Diözesanverbände als auch die Jugendverbände im BDKJ sich dieser Thematik annehmen. Denn auch vor Ort besteht der BDKJ aus nichts anderem als den Jugendverbänden, die sich gemeinsam jugendpolitisch engagieren. Ohne eine Verankerung der Bedeutung und der Möglichkeiten kommunaler Jugendpolitik in der Identität der Verbände wird es nicht gelingen, die Interessenvertretung vor Ort langfristig aufrecht zu erhalten.